Kitty Hoff
Berlin, Berlin, Germany | MAJOR
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"Ob Paris oder Berlin ..." – für Kitty Hoff macht das längst keinen Unterschied mehr. Mit ihrer eleganten Begleitband "Forêt-Noire" bildet sie gewissermaßen die musikalische Brücke zwischen beiden Städten. Denn französischer als sie kann man als Deutsche/r wohl kaum klingen. "Was wären die Deutschen ohne ihre schlechte Laune?", fragt sie und antwortet lachend: "Franzosen!"
Mit "Zuhause", dem dritten Album dieses unendlich sympathischen Ensembles wird die schlechte Laune also ein weiteres Mal abgestreift und mit weichem Pinselstrich ein musikalisches Aquarell entworfen, das ebenso leicht, originell und charmant gezeichnet ist wie seine Vorgänger. Die Farben: Leiser Bar-Jazz, Bossanova, Swing – bei Kitty Hoff "zuhause" setzt man auf traditionsreiche Sounds, auf denen die Musiker ihre "seidigen" (Pressetext) Arrangements aufbauen, entspannt und glänzend aufgelegt.
Doch auch Dramatisches gelingt der Band: "Unterwelten" etwa ist ein Schlüsselstück, in dem Kitty Hoff und Forêt-Noire nahezu die komplette Bandbreite ihres Werks ausschöpfen; vom reduzierten, nur von Percussions begleiteten Chanson bis zum donnernden Song-Finale mit Pauken und Trompeten. In "Pension Fuchs" darf das Ensemble sich dann instrumental austoben und zeigt, dass es sich auch im Gewirr von Reggae, Dub und Kirmes-Polka mühelos zurechtfindet. In den übrigen Stücken brilliert Kitty Hoff einmal mehr mit kokett-witzigen Texten, manchmal auch herrlich politisch-unkorrekt ("Mahagoni, Holzwege ins Glück ..."), intelligent gereimt und mit pointierter Lautmalerei – die ästhetische Verbindung zwischen Wortklang und Musik gelingt derzeit niemandem so überzeugend wie ihr.
Als Höhepunkt des Albums dürfte jedoch ein besonderer Coup gelten: "Riesenräder" ist eine Zusammenarbeit mit dem jungen französischen Chanson-Star Coralie Clément (im Stil ihres ersten Albums "Salle des pas perdus") – so gesehen die personalisierte Brücke "Paris-Berlin". Was jedoch als "deutsch-französisches Duett" angekündigt wurde, entpuppt sich überraschend als très allemand (bloß ohne schlechte Laune), denn Coralie Clément singt erstmals Deutsch, so süß und charmant wie zuletzt Ende der 60er Jahre Françoise Hardy ("Frag den Abendwind"). Und so versteht man: Wenn Deutsche ohne schlechte Laune Franzosen wären, dann wären umgekehrt Franzosen ohne französische Sprache: Kitty Hoff! - © Michael Frost
"Intelligent", das klingt im Zusammenhang mit Musik stets nach schräg, unkonventionell, kantig. Die Vokabel "zärtlich" hingegen assoziiert man gerne mit Schlager, anschmiegsamen Balladen oder gar Kitsch. Irgendwie müssen die Assoziationsbücher in unseren Köpfen neu geschrieben werden, denn Kitty Hoff und ihre Kapelle Fôret-Noire zeigen auf "Zuhause", wie man intelligente und zugleich zärtliche Musik schafft.
"Zuhause" ist das inzwischen dritte Album der Deutsch-Channsonette Kitty Hoff. Die geborene Münsteranerin, 37, ist bereits lange ein Teil der Musikszene und – auch wenn's schwer nach Plattitüde klingt – tatsächlich so etwas wie deren hervorragend gehütetes Geheimnis. Sie studierte am Theater an der Wien und an der "Folkwang Hochschule" Essen Musicalgesang und -tanz. 2005 gründete sie ihr Projekt Fôret-Noire, bekam auf unkonventionellem Weg (Stipendium des Senats Berlin, Demo-Aufnahmen, Gehör beim A & R-Manager) einen Plattenvertrag bei Virgin/EMI. Es folgten die Alben "Rauschen", "Blick ins Tal" und nun eben – "Zuhause".
Kitty Hoff (Komposition, Texte, Gesang, singende Säge, Akkordeon, Piano, Melodica) und ihre Band schaffen darauf einen ganz ungewöhnlichen Kosmos schöner Lieder. Poesie, im Moment eingefangene Stimmen oder Stimmungen, Ideen und Gedankenfetzen sind ihre Textbausteine. Diese vertont sie ganz allerliebst meist mit zarten Bossatönen, Fifities-Schlager-Reminiszenzen, lyrischen Melodien und 70er-Hitparaden-Assoziationen.
Die Sängerin und ihr hervorragendes Ensemble Fôret-Noire nutzen schillernd-leiernden Karussellpop, Kintopp, Mahagonny, Vaudeville, Dub und andre Karibiktöne, Jazz, Schlagerseligkeit, Chanson, Schnulze, Soundtrack-Bausteine der französischen 70er-Tradition, musikalische Ironie à la Helge Schneider oder Mambo. Und das alles sehr, sehr leise. Auch Kittys Texte, diese so nebensächlich erzählten, melancholischen und dezent absurden Kleinstgeschichten sind brillant. Selbst die potenzielle Selbstmörderin, die gedankenverlorene "Frau auf der Brücke" wird in ein sanft-optimistisches Kino-Zwischenmusiks-Stückchen in Jazznähe gepackt. Sonnige Steeldrum-Beats schmiegen sich strahlend um den "Papierkram" und dramatische Gedanken elektrowabern durch "Unterwelten".
Die leise, zuversichtliche und niemals wertende Stimme von Kitty Hoff ist unaufgeregt und unanbiedernd, und dieses blanke, pure Understatement tut der Musik, die von versierten Virtuosen stammt, mehr als gut. Kittys vokale Reduktion verleiht dem Sound eine gehörige Portion frischer Liebenswürdigkeit, genau jenes Quantum Nicht-Perfektion, die diese Produktion von all den dramatisch schmetternden Deutschlandsuperstars unterscheidet. Ein kostbares kleines Stückchen Musik, ein kleiner Diamant im Herzschliff, seelenschmeichelnd zärtlich und dabei – genau! – intelligent. - © Kati Hofacker
Rammstein-Töne aus dem Zimmer ihres 13-Jährigen: Kitty Hoff spricht im Interview mit Stilfetischisten.de über ihr neues Album – Und ihr eigenes »Zuhause«.
Die Grand Dame des Chansons, die Femme Fatal der »Unterwelten«, die Perle unter der Prosa-Intonation: Würde man einer altehrwürdiger Bühnentradition folgen, könnte man Kitty Hoff mit vielen klangvollen Sätzen ankündigen. Doch die Dame mit der markanten Stimme ist trotz des Erfolges bescheiden geblieben. Im April erscheint ihr drittes Album mit dem Titel »Zuhause«.
Daniel Schuster: Schön, dass wir uns ein zweites Mal unterhalten dürfen. Und die Voraussetzungen sind ähnlich wie beim letzten Mal: Über die Superstars wird diskutiert, Heidi Klum gibt wieder Schminktipps. So wie sie es das letzte Mal auch schon anmerkten. Hat sich bei Ihnen wenigstens etwas geändert?
Kitty Hoff: Ja und nein. Ich mache immer noch Musik, allerdings nicht immer die gleiche. Und das Schminken bleibt nach wie vor ein Mysterium. Obwohl ich gerade das Gefühl habe, eine sehr gute neue Tagescreme entdeckt zu haben …
Daniel Schuster: Wir sprachen letztes Mal über Ihr neues Album: »Zuhause« – Sollte es nicht eigentlich »Waldszenen« heißen? Ich meine Sie hätten letztes Mal davon erzählt.
Kitty Hoff: Ja stimmt. Aus den konkreten »Waldszenen« ist ein offenes »Zuhause« geworden, das thematisch einfach mehr Songs fassen kann.
Daniel Schuster: Ist das Album eine Art Frühjahrsputz für Sie? Was ist neu – was wurde weggekehrt?
Kitty Hoff: Neu ist natürlich jeder Song. Und alles groovt ein wenig mehr: Zwei neue Musiker bereichern uns am Bass und am Piano). Geblieben ist die Vielfalt in den musikalischen Styles – Chanson, Swing, Pop, Reggae, Blues … Es ist alles dabei.
Daniel Schuster: Wenn das Album schon »Zuhause« heißt - Kann man sich nach dem Hören vorstellen, wie es in Ihrem eigenen Heim zugeht?
Kitty Hoff: Nein, gar nicht. Es geht hier um innere Stimmungsbilder, offene Momentaufnahmen, textliche Spotlights – weniger um die Katerhaare auf meinem Sofa oder die Pfandflaschen in unserer Küche.
Daniel Schuster: Zum Glück! Obwohl es meiner Ansicht nach viel zu wenig Songs über Pfandflaschen gibt. Wie sieht es denn bei Ihnen »Zuhause« genau aus?
Kitty Hoff: Eben genauso: Katerhaare, Kinderschuhe, Rammstein-Töne aus dem Zimmer meines 13-Jährigen… Aber frisch durchrenoviert – d.h. kühle Wandfarben für einen kühlen Kopf und einen grün-atmenden Flur mit Bildergalerie. Außerdem habe ich meine Bücherregale frisch ausgemistet - Sehr angenehm!
Daniel Schuster: Diesmal singen Sie sogar im Duett – Wenn ich richtig informiert bin, ist Ihnen mit den Duetten mehr als nur ein Traum in Erfüllung gegangen.
Kitty Hoff: Ganz genau. Ich war jahrelang Coralie Clément-Fan und durfte nun mit ihr ein Duett singen – Toll! Und noch dazu singt sie erstmalig auf deutsch, mit einem unwiderstehlichen Akzent. Und Joachim Jannin ist eine myspace-Bekanntschaft – ein absoluter Glücksfall, denn ich liebe seine Stimme!
Daniel Schuster: Wie kamen Sie zu Ihren Duett-Partnern? Man könnte meinen, aufgrund der vielen Auszeichnungen und Lobeshymnen wurde man auf Sie aufmerksam – Oder war es andersrum?
Kitty Hoff: Die Anfragen habe ich gestartet. Und gottseidank waren beide sofort dazu bereit. Coralie kannte ich ja schon von einer gemeinsamen Tour im Jahr 2006, kurz vor dem Erscheinen unseres 1. Albums »Rauschen«, da waren wir ihre Vorgruppe.
Daniel Schuster: Ist das neue Album eher eine Weiterentwicklung, oder haben Sie inzwischen einfach mehr Freiheiten bei der Gestaltung?
Kitty Hoff: Alles ist eine Weiterentwicklung, denke ich. Man probiert dies und jenes, also Gastmusiker oder Beat-Programming, dann lässt man manches wieder weg, zugunsten eines intimeren Klangspektrums, wir haben da immer frei entscheiden können, die Plattenfirma hat uns nie reingeredet. Das ist ja eher selten heutzutage, da haben wir Glück!
Daniel Schuster: Ich konnte schon in das Album hineinhören. »Mahagoni« ist für mich Sommerhitverdächtig! Ihre »Unterwelten« dagegen können mich schon ein wenig traurig stimmen. Schreiben Sie die Lieder nach Ihrem Wohlbefinden? Wie kam es dann zu den beiden Stücken?
Kitty Hoff: Wie ich schon im letzten Interview andeutete: ich bin eine glückliche Melancholikerin. D.h. Schwermut und Leichtigkeit liegen in meinem Befinden nah beieinander. Ich schreibe immer das, was gerade Thema bei mir ist. Die Authentizität ist mir wirklich wichtig. Das ist es auch, was mich an anderen Künstlern am meisten interessiert. Egal, ob es genau meinen Musikgeschmack trifft oder nicht. Wenn’s »echt« ist, habe ich davor Respekt.
Daniel Schuster: Wie viel tragen Ihre Musikerkollegen zu den Alben bei? Wird sich beim Einspielen des Albums gegenseitig ergänzt?
Kitty Hoff: Auf jeden Fall. Das Grundgerüst der Songs - also Harmonien, Melodie und Text - entsteht bei mir zuhause, alleine am Klavier. Aber das Arrangement erarbeiten wir zusammen in den Proben. Und das trägt ja entscheidend zur musikalischen - © Daniel Philip Schuster
Die Bühne hat den Charme eines gutbürgerlichen Wohnzimmers. Doch wenn Kitty Hoff diese betritt, startet eine emotionale Traumreise. Ganz bezaubernd swingt und philosophiert die Wahlberlinerin - kein Thema zu weich, kein Text zu seicht. Hoff findet bei ihren Wortspielereien stets den richtigen Ton. So schickte sie den geneigten Zuhörer im Admiralspalast auch gestern Abend in ihr persönliches Kopfkino mit Wohlfühl-Garantie. Poetisch beschwingt und federleicht summte sie sich durch die Jazz-Pop-Nummern ihres neuen Albums "Zuhause". Zusammen mit ihren vier gut gekleideten Begleitern von Forêt-Noire gaben sie einem für den Moment das Gefühl von Freiheit und Sorglosigkeit. Sommer in Berlin, du kannst kommen. - © Jost Samson / B.Z.
Das neue Album der Chansonsängerin Kitty Hoff, die letztes Jahr in Bremerhaven den Lale Andersenpreis für anspruchsvolle Unterhaltungsmusik erhielt, bietet erneut Überraschungen. Eine Melange aus Latin und Jazz, Pop und deutschem Chanson. Das Hochgebirge hat sie hinter sich gelassen und flaniert nun schreibend, singend und philosophierend durch die Stadt. Sie ist angekommen, "Zuhause". Was erwartet uns? Eine Homestory, Kuscheln auf dem Sofa? Auch, aber nicht nur.
Kuscheln auf dem Sofa? Kitty allein zuhaus.
Mit mädchenhafter Stimme erzählt Kitty Hoff, eingehüllt in flauschige Jazzatmosphäre, verquere, skurille, auch mal grüblerische Geschichten. Eine Frau steht auf der Brücke und denkt über sich und den Sprung nach, ein Blick aufs Riesenrad wird zum Blick ins philosophische Weltgetriebe. Musikalisch geht ihr Trip mal in Richtung Pop-Ballade, dann zum Chanson, streift Reggae oder heiteren Bossa Nova. Kitty Hoff probiert wieder ihre besondere und charmant-hintersinnige Mischung aus extravaganten Texten und luftiger Musik aus. Ihre Gratwanderung ist spannend und poetisch, die federleichte Musik zwingt die Aufmerksamkeit in den Text.
Charmant-hintersinnige Mischung
Leichte Musik und teils schwere Textkost, ein Mixtur, die Kitty Hoff meisterhaft zu jonglieren und in verhaucht-kühlem Ton zu präsentieren weiß. Das Album wirkt sehr ambitioniert, vielleicht ein wenig zu ambitioniert, die Leichtigkeit, der Witz der letzten beiden Alben kommt ein wenig zu kurz. Woran liegt's? Kitty Hoff ist eben nicht mehr unterwegs im Hochgebirge, sondern zuhause. Sie blickt aus dem Fenster, phantasiert sich lustvoll in heitere Verzweiflungen hinein. Trotzdem: Kitty Hoff bleibt unkonventionell, eine Ausnahmeerscheinung im deutschsprachigen Pop-Chanson. - © Wolfgang Rumpf
Das Leben kann sehr angenehm sein, findet Kitty Hoff. "Eine musikalische Grundausbildung, ein paar lustige Studiengänge, Auszeichnungen, Stipendium, Plattenvertrag und klingende Sektgläser ..." So streift die Wahlberlinerin entspannt und galant durch musikalische Gefilde, begegnet taktvoll schwindelerregenden "Walzerköniginnen" und fleißig klopfenden "Toc-toc-toc"-Samba-Spechten, schwingt sich auf zum "Psychenswing" oder läßt die "Große Freiheit" reggaerhythmisch anrufen – und zieht so die Menschen in den Bann ihrer kleinen, wundersamen Kitty-Hoff-Welt.
Nach ihrem Debüt "Rauschen" wirft sie nun einen "Blick ins Tal" (EMI/Virgin), und wieder könnte man an all die Vorbilder denken und daherreden, Benjamin Biolay träfe Hildegard Knef oder Georg Kreisler verschmölze mit Keren Ann. Doch wozu? Viel zu vergnüglich ist es, Kitty Hoff – die natürlich ganz anders heißt – und ihrer Band Foret-Noire - die natürlich nur ihretwillen so heißt – einfach zu lauschen, mit den Zehen zu wippen, ins Sofa zu sinken oder die Sonne anzublinzeln, während Kitty Hoff einem lässig rät: "Geht dir dein Leben extrem auf die Nerven, dann sag doch, dann sag doch, sag einfach ab." Und man seufzt bestätigend, singt sie fröhlich: "Ich wünschte, es täte einen Knall und die Psyche wäre aufgeräumt."
Manchmal lugt hinter der verspielten Listigkeit auch ein klitzekleiner Abgrund vor und unterstreicht, dass es zurzeit wohl niemanden gibt, der so literarisch gewitzt-spitze Texte schreibt wie Kitty Hoff – und sie so unwiderstehlich überraschend arrangiert. Nouvelle Jazzpopchanson für blaue und andersbunte Stunden, mit einer Stimme, die den vornehmen Charme der 20er und die stilsichere Gelassenheit einer Prenzlberg-Bar vereint. Sehnsuchtsschön und mitsingsinnlich: Musik, die glücklich macht. Es stimmt, das Leben kann manchmal sehr angenehm sein. - © Vasco Boenisch / Süddeutsche Zeitung
"Wir können nie mehr nach Manderley zurück, das ist gewiss. Aber im Traum zieht es mich immer wieder dorthin – zurück zu jenen seltsamen Tagen meines Lebens ..."
Was die Erzählerinnen-Einführung aus Alfred Hitchcocks stilvoll-düsterem Romantik-Thriller "Rebecca" des Jahres 1940 mit "Blick Ins Tal", dem neuen Album von Kitty Hoff & Forêt-Noire zu tun hat? Nun, alles begann mit einem Post-Umschlag. Ich öffnete ihn erwartungsfroh, doch statt neuer Alben enthielt er lediglich ein zwar kleines, doch gewichtiges leinenes Büchlein. Vorsichtig schlug ich es auf – ein Fotoalbum. Eines im Stile jener alten, vergangenen Tage, das man vielleicht noch bei den Urgroßeltern findet; mit schwarzen Seiten, und darüber durchscheinendes, spinnennetzartig geädertes, pergamentenes Schutzpapier. Vorsichtig schlug ich es auf und begann zu blättern: Mit verblasster Patina vergangener Tage versehene Fotos sind darin eingeklebt, darunter sind seltsam anmutende, poetische Texte zu lesen – und ganz hinten, auf der letzten Seite, schimmert einladend eine CD. Kompliment an die Promotion-Abteilung: Eine derart liebevolle und elegante Präsentation einer CD ist mir bislang noch nicht untergekommen.
Kitty Hoff und ihrer Band Forêt-Noire gelingt auf den vierzehn Titeln des Albums Erstaunliches: Sie entführen vordergründig häufig in eine Welt, die schon lang, lang zurückliegt. Das Entscheidende dabei: Hier handelt es sich nicht um den faden, Cocktail-heischenden Aufguss vergangener Stilformen – nein, Rumba, Tango, Chanson, 20iger Jahre-Schlager und Jazz, eingebettet in einen mondänen Pop-Appeal, gehen eine beschwingte Ehe ein – wirken dabei absolut frisch und verursachen nachhaltiges Prickeln. Ein außergewöhnlicher Geniestreich: Die überzeugende Entführung in vergangene Zeiten, die frei von jeglichem Retro-Moder daher kommt und mit einer intelligenten Text-Wucht versehen ist, was in deutschen Landen selten genug geschieht.
"Blick Ins Tal" hat seine heiteren, beschwingten Momente – doch hinter manch luftiger, freundlich schimmernder Song-Fassade lauert Unausgesprochenes, Bedrohliches, latent Neurotisches. Hörer, gib acht! An jenem Abend tauchte ich tief in die Arbeiten von Kitty Hoff und ihren wunderbaren Begleitern – und ständig änderten sich Raum und Zeit; war dies noch mein Wohnzimmer? Mir schien, ich stand auf einem Flur im Obergeschoss jenes sinistren Hauses Manderley – und hinter jeder Song-Tür, die ich öffnete, erwartete mich ein neues, aufregendes Abenteuer.
Hinein also in andere Welten, in oft schon verloren geglaubte Zeiten von Stil, Eleganz, Noblesse und versteckten Boshaftigkeiten. Schwelgerisch-romantisierend deutet Kitty Hoff den landläufigen Begriff der Blauen Stunde in der Traumwelt zwischen schwindendem Tageslicht und heraufdämmerndem Abend vollkommen neu und erscheint in seiner thematischen Ausführung als konsequente Fortentwicklung von Rosenstolz' schwärmerischer Suizid-Ballade "Perlentaucher": "Blaue Stunde/wir tauchen tief/denn auf dem Meeresgrunde/ist Zeit relativ". Verpackt in leise schwingenden, von jazzigen Applikationen unterlegten Wohlklang, zieht der elegante Song unwiderstehlich in jene Tiefen hinab, in denen die wirklichen Fragen warten. Nachdenklich klingen Kittys Betrachtungen aus dem Zugfenster in "Fini": "Draußen fliegen sie vorbei/die Orte, wo man nicht mehr hält". Der Kampf um den (Berufs-) Erfolg geschieht mit charmanten Metaphern in "Gipfelsturm": "Die Berge rücken näher/Und die Lüfte werden dünn/kurzer Blick hinauf/da - muss ich hin".
Verspielt-neurotisch tanzt der "Psychosenswing" unwiderstehlich den Hörer an: "Ich wünschte, es täte einen Knall/und die Psyche wäre aufgeräumt" ist die Hoffnung Hoffs, dazu "Ein Glitzern, ein Glänzen überall/Vom Komplex bis zum Tablettenschrank". In bester Gassenhauer-Tradition der zwanziger und dreißiger Jahre beleuchtet die Künstlerin das Aufmerksamkeit heischende "Toc-Toc-Toc" der Menschheit - und findet amüsante Wortspiele für das ewig andauernde (Rythmen-)Spiel um die eigene Nichtigkeit, die schlussendlich stets in austauschbarer Belanglosigkeit gipfelt. Als besonders funkelnder Edelstein unter Kitty Hoffs ausnahmslos einzigartigen Song-Pretiosen hinterlässt "Take Care (Prophylaktisch)" ziemliches Unbehagen beim aufmerksamen Zuhörer.
Zwar ist die Sängerin hier voll der Vorsicht und Hingabe um den Geliebten – und schnürt ihm deshalb das wohl wunderlichste Waffen-Bündel der (Musik-) Geschichte: "In New York werd' ich Magnolien holen/in Oslo kauf' ich ein Seil/auf dem Hochsitz irgendwo in St. Moritz/schnitze ich einen giftigen Pfeil/in Rom kauf' ich Schiffe und eiserne Griffe, in Rotterdam Kerosin/in Odessa sind sie besser, die Messer/den Rest gibt es sicher in Wien". Sie ist besorgt um den Geliebten: "Vorsicht mit den Klingen, sie springen/wenn man sie zu hastig versteckt/die dunklen Gläser enthalten Reste für Gäste/die man in der Kammer versteckt". Doch mit zunehmender Hördauer wird es dem Geliebten bang ums Herz, mit wem er sich da eigentlich eingelassen hat: "Doc - © Artur Schulz / laut.de
Der wundervollen Kitty Hoff geht es wie der Lemper: Sie ist zu raffiniert
Wir Deutschen sind oft Banausen. Das Raffinierte und Exquisite liegt uns nicht so – die in den USA gefeierte Ute Lemper musste das schon zur Kenntnis nehmen. Jetzt hat die Berlinerin Kitty Hoff mit ihrer Band Forêt-Noire ein Debütalbum veröffentlicht, das auf ähnlich raffinierte Art brillant ist und sich dabei an der Blüte des deutschen Songwriting orientiert – an den späten 20er Jahren. Keine Retro-Party, kein Palastorchester: In den zwölf Liedern von "Rauschen" hört man auch Dub, Club-Jazz und beispiellose Pop-Eleganz.
Manches an "Rauschen" erinnert an den jazzigen Bossa-Pop von Nylon und Nouvelle Vague. Aber wenn man auf Kitty Hoffs Texte hört, merkt man schnell, dass sie besser sind: "Sie ist sauber und hat Abitur, wenn es spät wird, schaut sie auf die Uhr / Sie lacht, wenn jemand Witze präsentiert, und sie weint, wenn etwas Böses passiert", heißt es in "Jazzwhisper". Ein musikalischer Höhepunkt ist "Jetzt", das mit schwebender Melodica als swingende Ballade beginnt, bevor die Band am Ende in einen atemberaubenden Reggae-Beat fällt.
Kitty Hoff steht selbstbewusst zwischen den Stühlen. Ist weder etwas für die konformistische Indie-Szene noch für die Charts. Vielmehr eine Kostbarkeit, etwas für Menschen, die zuhören können, wenn es um Musik geht. - © Jürgen Ziemer / Rolling Stone Magazine
Discography
"Rauschen" (2005) Virgin/EMI
"Blick ins Tal" (2007) Virgin/EMI
"Zuhause" (2009) Blue Note Germany/EMI
Photos
Bio
Growing up in a small village near Münster, Kitty’s life early starts being influenced by the arts. Only three years old, she plays flute, at the age of four she finds herself in front of a piano. Playing violin is the next consequent step, before she begins singing choir together with her father. Her initial choice of profession is psychologist, to follow in her dad’s footsteps. But the love for music is stronger in the end. Her collaboration with a pianist results in several lieder recitals near her hometown and an award in the category "Jugend musiziert". After marrying "Mister Right" already at an early age and giving birth to the children Julius and Rosalie, she decides to go the "Theatre an der Wien" in order to study Acting, Singing and Dancing which she resumes at "Folkwang College Essen". Kitty’s next step to climb up the career ladder is to move to Berlin where she receives a recording scholarship. Kitty never stops to polish her skills and takes a master class with Gisela May, a famous Brecht-actor. She becomes a member of a nine-headed all-female band to bring back the Swing of the 20s, but that’s just another stepping stone to her. She meets the four musicians Beat Lee Burns, Phil Marone, Moe Jaksch and Marq Wenzel and clicks with them in no time. They call themselves "Forêt-Noire" and, from this point on, act as her backup-band. After recording some songs with the guys, the record label Virgin/EMI takes notice of the talent and signs the rising artists to a contract. In 2005 her debut "Rauschen" gets released. Praised by the critics Kitty Hoff and her band soon come to be an insider’s tip. Several awards follow: She is awarded twice at Federal Singing Contest Berlin in the categories "Chanson" and "Song", receives the sponsorship awards "Young Poets" (Hanns-Seidel-Stiftung) and "List of best Germanspeaking songs". Furthermore, the Goethe-Institute recognizes her talent and importance for the German language and gives her a sponsorship. In February 2007 "Blick ins Tal", the follow-up to "Rauschen" comes out, underlining the obvious talents of this fabulous artist. The whole album through Kitty manages to masterly juggle with the German language, amusingly yet poetically at the same time, accompanied by a diversified mix of chanson, jazz and pop elements, as far as strange eguitarsounds and reggae influences. Her success story continues in 2008, as the jury of the "Lale-Andersen-Award" unanimously voted her as the next laureate. At the end of April 2009 Kitty Hoff’s brand-new album has been released by legendary jazz-label "Blue Note Records", making her the first female German artist signed to this record company.
For months we've been yearning for it: Kitty Hoff sent us an invitation, and it's "au privée". "Zuhause" (Home) is her third albums title. And if this should make anyone think of sofa Jazz or slipper Pop, should be wildly surprised. The first female act in the history of Blue Note Germany / EMI, Kitty Hoff tells us homely Berlin stories in a marvellously peculiar way. Meanwhile her band Forêt-Noire joyous and skillfully rejuvenates all kinds of soundrooms: Orchestral glimmer-pop, junky fairgound-blues, lyrical ballad-waltzes, upmood reggae-swing, or a silky bossanova - even a french-german duett with Chanson-starlet Coralie Clément (Paris). On stage we may expect step-dancing, magical tricks and anecdotes. And since human beings love readymade terms, Kitty decided to call her artform: "Nouvelle Chanson" - "For what would the Germans be without their grumpiness? They'd be French!", Kitty laughs and gets another bottle of red wine from her pantry. We look out the window into the sinking metropole-sun and we foresee: It'll be a special evening with a silken finish ... tchin-tchin!
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